Mietrecht: „Mietpreisbremse“, keine Mietpreisüberhöhung wegen zulässig vereinbarter Vormiete, Urteil des Amtsgerichtes Hamburg-Altona vom 01.02.2022 zum Aktenzeichen: 314a C 17/21 (noch nicht rechtskräftig)

Der Fall:

Die Vermieterin als Beklagte vermietete an die Kläger (zwei Personen) eine in Hamburg belegene Wohnung. Vorangegangen war Folgendes: Am 12.12.2018 übergab die Vermieterin ein von ihr bereits unterschriebenes Mietvertragsexemplar an einen der Kläger. Er und die Vermieterin verabredeten dabei, dass die Kläger (also beide Mieter) ein von ihnen gegengezeichnetes Exemplar des Mietvertrages per Post an die beklagte Vermieterin senden sollten. Das gegengezeichnete Exemplar des Mietvertrages brachten die Kläger per Einschreiben vom 18.12.2018 auf den Weg. Auf eine Anfrage der Beklagten am 20.12.2018 per Kurznachricht: „Habt Ihr den Vertrag vielleicht schon in meine Richtung zurückgeschickt? Lieben Gruß…“ antwortete am gleichen Tage einer der Kläger (Mieter) „Ja! Habe ihn vorgestern Nachmittag in HH zur Post gebracht.“ Das Einschreiben mit dem gegengezeichneten Mietvertragsexemplar konnte zunächst der Beklagten nicht zugestellt werden und wurde deshalb an die Kläger retourniert. Am 03.01.2019 sendeten die Kläger dieses Mietvertragsexemplar erneut (nunmehr erfolgreich) per Brief an die Beklagte.

Vereinbart wurde eine monatliche Nettokaltmiete von 1.500,00 €. Die Kläger beriefen sich darauf, dass unter Berücksichtigung der gesetzlichen Bestimmungen zur sogenannten „Mietpreisbremse“ nur eine monatliche Nettokaltmiete in Höhe von 1.060,15 € hätte zulässigerweise vereinbart werden dürfen. Auf eine Vormiete aus dem Vormietverhältnis in Höhe eines Betrages von 1.500,00 € nettokalt könne sich die Beklagte nicht berufen, da sie die Kläger darauf nicht hingewiesen habe, bevor diese dem Mietvertrag zustimmten. Demgemäß beantragten die Kläger im gerichtlichen Verfahren festzustellen, dass sie nicht verpflichtet sind, eine über den Betrag von 1.060,15 € hinausgehende Nettokaltmiete an die Beklagte zu zahlen.

Die Entscheidung:

Die Klage der Mieter wurde abgewiesen.

Damit die Begründung des Urteils nachvollziehbar ist, sind vorab die gesetzlichen Vorschriften kurz anzusprechen: Bei Vermietung einer Wohnung in Hamburg darf grundsätzlich die Miete zu Beginn des Mietverhältnisses die ortsübliche Vergleichsmiete höchstens um 10% übersteigen (§ 556 d BGB). Der Vermieter darf aber eine höhere Miete vereinbaren, wenn sie einer zulässigen Vormiete aus dem Vormietverhältnis entspricht (§ 556 e Abs. 1 BGB). Dies gilt aber nur, wenn der Vermieter den Mieter vor dessen Abgabe der Vertragserklärung über die Vormiete informiert (§ 556 g Abs. 1 a BGB). Diese einschränkende Vorschrift ist aber erst am 01.01.2019 in Kraft getreten. Die Übergangsbestimmung des Art. 229 § 49 Abs. 2 S. 1 EGBGB bestimmt: „Auf ein bis einschließlich 31.12.2018 entstandenes Mietverhältnis ist § 556 g Abs. 1 a des Bürgerlichen Gesetzbuches nicht anzuwenden.“

Im vorliegenden Falle hatte die Vermieterin die Mieter im Zuge des Abschlusses des Mietvertrages über die Vormiete nicht informiert.

Für die Entscheidung des Rechtsstreites kam es also wesentlich darauf an, wann im vorliegenden Falle der Mietvertrag zustande kam, nämlich bis zum 31.12.2018 oder danach. Das Gericht hat den zugrundeliegenden Sachverhalt so bewertet, dass der Mietvertrag noch im Dezember 2018 zustande kam und sich deshalb die Vermieterin zur Legitimation der vereinbarten Miete auf die Vormiete in gleicher Höhe berufen konnte, obwohl sie im Zuge des Abschlusses des Mietvertrages die Mieter darüber nicht informierte. Dazu führt das Amtsgericht Hamburg-Altona im Kern aus:

„d. Das Mietverhältnis war bereits mit der Bestätigung von Unterzeichnung und -absendung des vorbereiteten Vertragsformulars an die Beklagte durch den Kläger zu 2) am 20.12.2018 zustande gekommen. Denn bereits hierdurch hatte der Kläger zu 2) der Beklagten gegenüber kundgetan, dass die Kläger mit dem von der Beklagten vorgegebenen Vertragsangebot einverstanden waren. Hierin ist jedenfalls im vorliegenden Fall bereits eine wirksame Annahmeerklärung der Kläger zu sehen.

Die Wirksamkeit der Annahmeerklärung (bzw. hier: das Wirksamwerden) gegenüber der Beklagten bestimmt sich im Ausgangspunkt nach dem Zeitpunkt des Zugangs, § 130 Abs. 1 S. 1 BGB. Zugegangen ist eine Willenserklärung, wenn sie so in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser unter gewöhnlichen Umständen die Möglichkeit hat, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen (vgl. nur Ellenberger, in: Palandt, § 130 BGB Rn. 5). Ob dies der Beklagten im vorliegenden Fall bereits am 20.12.2018 möglich war, hängt allerdings davon ab, ob insoweit der Zugang der unterzeichneten Vertragsurkunde als Verkörperung der Erklärung zu fordern ist, oder ob bereits die Kundgabe der entsprechenden Erklärung mittels SMS-Nachricht gegenüber der Beklagten genügte. Jedenfalls im vorliegenden Fall geht das Gericht von letzterem aus.

Im Grundsatz muss eine empfangsbedürftige Willenserklärung in der Form zugehen, die für ihre Abgabe vorgeschrieben ist (vgl. nur Ellenberger, in: Palandt, § 130 BGB Rn. 10 m. zahlreichen w.N.). Eine entsprechende Formvorgabe fehlt allerdings vorliegend. Denn eine konstitutive Schriftform war vorliegend für den Mietvertrag als solchen weder gesetzlich (vgl. § 550 BGB) noch rechtsgeschäftlich (§ 125 BGB) vorgeschrieben. Soweit sich die Kläger darauf berufen, es sei von beiden Parteien jeweils die Schriftform gewünscht gewesen, ergibt sich hieraus nichts anderes. Denn auch dann ist durch Auslegung zu ermitteln, ob die Parteien eine konstitutive Formvereinbarung schließen wollten, ob sie also bewusst die Wirksamkeit des Vereinbarten von der Einhaltung der Schriftform abhängig machen wollten. Hierfür spricht im Mietvertragsrecht kei­ne tatsächliche Vermutung (vgl. BGH, Urteil vom 29.09.1999 – XII ZR 313/98 = NJW 2000, 354, 356; OLG München, Urteil vom 04. Dezember 1996 – 7 U 3752/96). Dies gilt gerade dann, wenn – wie hier – eine für sich genommen formbedürftige Staffelmiet-vereinbarung geschlossen werden soll, welche zwingend der Schriftform bedarf, vgl. § 557a BGB. Denn zum einen sind die Wirksamkeit und Zustandekommen von Mietvertrag einerseits und Staffelmietvereinbarung andereseits isoliert voneinander zu betrachten (vgl. MüKoBGB/Artz, 8. Aufl. 2020, BGB § 557a Rn. 5 sowie Schmidt-Futterer/Börstinghaus, 14. Aufl. 2019, BGB § 557a Rn. 26). Zum anderen spricht es gerade gegen die Annahme einer konstitutiven Schriftformvereinbarung, wenn die Parteien bemüht sind, einem gesetzlichen Erfordernis zu genügen (vgl. BGH NJW 2000, 354, 356; OLG München a.a.O.). So legt die Verwendung eines Vertragsformulars zwar nahe, dass die Parteien der Schriftform des Vertrags eine gewisse Bedeutung zumessen wollten. Gleichwohl lässt sich diesem Umstand nicht entnehmen, dass die Wirksamkeit des Vertrags insgesamt mit der Schriftform stehen und fallen sollte. Dies gilt umso mehr, als eine entsprechende Klausel gerade nicht im Vertragstext niedergelegt wurde.

Bei sachgerechter Würdigung lag danach bezogen auf das Mietverhältnis als solches allenfalls eine deklaratorische Schriftformvereinbarung vor. Der Erhalt gerade der gegengezeichneten Vertragsurkunde war hiernach und entsprechend dem in § 127 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken (vgl. zu SMS BeckOGK/Wollenschläger, 1.11.2021, BGB § 127 Rn. 54) für den wirksamen Zugang i.S.d. § 130 BGB nicht erforderlich.

Hierbei war zu berücksichtigen, dass die Annahmeerklärung der Kläger sich nach den getroffe­nen Absprachen auf die Leistung der Unterschrift unter den vorbereiteten Vertragsentwurf be­schränken konnte, mit der die Zustimmung zu den von der Beklagten vorgegebenen Regelungen erklärt wurde. Dies haben die Kläger unstreitig getan. Ebenso unstreitig haben die Kläger keinerlei Einschränkungen, Vorbehalte oder Abänderungen zu dem übergebenen Vertragsangebot der Beklagten erklärt. Unter diesen Umständen war für den Zugang der Erklärung bei der Beklagten nicht auf das Eintreffen des abgesendeten Vertragstextes abzustellen. Die am 20.12.2018 gesendete Kurzmitteilung des Klägers zu 2), mit welcher dieser bestätigte, dass das gegengezeichnete „erste“ Vertragsexemplar bereits auf dem Postwege war, stellt nach alledem bereits eine hinreichende Übermittlung der schriftlichen Annahmeerklärungen beider Kläger dar. Weitere Angaben zum Inhalt des Mietvertrags waren schon deswegen nicht erforderlich, weil bereits sämtliche Regelungen in dem Angebot der Beklagten, d.h. dem von ihr ausgefüllten Vertragsformular, enthalten gewesen und von den Klägern unstreitig akzeptiert worden waren.“

Ergänzende Hinweise zu dieser Entscheidung

Im konkreten Fall musste die Vormiete aus dem Vormietverhältnis ihrerseits wirksam vereinbart worden sein. Denkbar wäre es gewesen, dass bereits diese Vormiete im Sinne der Vorschriften zur „Mietpreisbremse“ überhöht war. Die Vorschriften zur Mietpreisbremse greifen nur, wenn es hierzu eine landesrechtliche Verordnung gibt, in der festgestellt wird, dass es sich um ein Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt handelt. Hier kam der Vermieterpartei zugute, dass es im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (über das Vormietverhältnis) keine wirksame Rechtsverordnung für das Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg gab. Denn die am 23.06.2015 erlassene und veröffentlichte erste „Verordnung über die Einführung einer Mietpreisbegrenzung nach § 556 d des BGB“ war aufgrund einer fehlenden Begründung im Sinne von § 556 d Abs. 2 S. 5 BGB unwirksam (LG Hamburg, Urteil vom 14.06.2018 – 333 S 28/17). Eine Korrektur dieser unwirksamen Verordnung war bis zum Abschluss des Vormietverhältnisses nicht erfolgt.

Hamburg, den 21. Februar 2022

RA Junker

Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Fachanwalt für Verwaltungsrecht

Hamburg

Nach oben scrollen