Der Ersatz von Schäden am Sondereigentum durch Arbeiten am Gemeinschaftseigentum
Landgericht Hamburg – 318 S 89/16, Revision eingelegt
Die Problemstellung:
Zur
Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums ist es häufig notwendig in
das Sondereigentum einzugreifen. Um beispielweise schadhafte
gemeinschaftliche Versorgungsleitungen zu reparieren, die im
Gemeinschaftseigentum stehenden Fenster auszutauschen oder Balkone zu
sanieren, ist es nicht nur erforderlich, im Sondereigentum stehende
Wohnungen zu betreten, sondern auch Möbel wegzuräumen, Schrankwände zu
demontieren oder einen im Sondereigentum stehenden Oberbelag eines
Balkons zu entfernen. Der jeweilige Sondereigentümer ist gemäß § 14 Zif.
4 1. HS WEG verpflichtet, zu dulden. Spiegelbildlich steht dem
Sondereigentümer nach § 14 Zif. 4 HS 2 WEG ein verschuldensunabhängiger
Schadensersatzanspruch gegen die teilrechtsfähige
Wohnungseigentümergemeinschaft zu hinsichtlich solcher Schäden, die
adäquat kausal durch dieses Betreten und Benutzen seines Sondereigentums
verursacht wurden. Hierunter fallen beispielweise Kosten für die
Reparatur und Wiederherstellung des Sondereigentums ebenso wie Umzugs-,
Transport- und Lagerkosten. Ferner kann auch eine Erstattung der Kosten
für die Anmietung einer Ersatzwohnung oder die Unterbringung in einem
Hotel verlangt werden, wenn ein Verbleiben in der Wohnung während der
Instandsetzungsmaßnahme nicht zumutbar war.
Der Sachverhalt:
Im
vorliegenden Fall kam es zu Feuchtigkeitserscheinungen in einer
Souterrainwohnung in Form von seitlich eindringender und aufsteigender
Feuchtigkeit. Zudem waren die Grundsielleitungen, die sich teilweise
unter dem Wohnungseigentum befanden, instandsetzungsbedürftig. Während
der Durchführung der erforderlichen umfangreichen
Instandsetzungsarbeiten war die Wohnung nicht bewohnbar, weshalb der
betroffene Wohnungseigentümer u. a. einen Nutzungsausfall in Höhe der
Kosten der Anmietung von Ersatzwohnraum beanspruchte.
Die Entscheidung:
Das
Landgericht verneinte einen Schadensersatzanspruch des
Wohnungseigentümers. Zur Begründung führte es u. a. an, dass das
betroffene Sondereigentum auf Grund der bestehenden
Feuchtigkeitserscheinungen bereits vor Beginn der Sanierung unbewohnbar
gewesen sei. Es würde deshalb an der nach § 14 Zif. 4 HS 2 WEG
erforderlichen Kausalität der Inanspruchnahme des Sondereigentums zur
Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums für die nicht gegebene
Nutzbarkeit und den daraus resultierenden Schaden in Gestalt der Kosten
der Anmietung einer Ersatzwohnung fehlen.
Der Ausblick:
Nachdem
das Landgericht die Revision zum Bundesgerichtshof gegen das Urteil
zugelassen hatte, hat der unterlegene Wohnungseigentümer Revision
eingelegt. Die zugrunde liegende Frage, ob es im Rahmen des genannten
Schadenersatzanspruchs an der Kausalität der Inanspruchnahme des
Sondereigentums zur Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums für den
Schaden in Gestalt der Kosten der Anmietung einer Ersatzwohnung fehlt,
wenn das Sondereigentum wegen bestehender Mängel während des gesamten
Sanierungszeitraums unbewohnbar wird, wird also demnächst vom
Bundesgerichtshof geklärt werden.
Der Praxistipp:
Bevor
die Wohnungseigentümergemeinschaft betroffenen Sondereigentümern
Schäden am Sondereigentum ersetzt, die im Zusammenhang mit der
Instandhaltung bzw. Instandsetzung von Gemeinschaftseigentum stehen,
lohnt es sich genau zu prüfen, ob der Schaden wirklich adäquat kausal
durch das Betreten und Benutzen des Sondereigentums entstanden ist. So
kann es beispielsweise sein, dass der im Sondereigentum stehende und im
Zuge einer Sanierungsmaßnahme aufgenommene Bodenbelag bereits zuvor
abgängig und erneuerungsbedürftig war. Auch dann dürfte ein
Ersatzanspruch entfallen.
RA Dr. F. v. Rechenberg
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht