Die Änderung des vereinbarten Umlageschlüssels für Nebenkosten
Urteil des AG Saarbrücken vom 27.06.2016, Az. 124 C 248/15
Der Fall:
Die
Klägerin erbt eine Wohnung und damit auch das für diese Wohnung
bestehende Mietverhältnis. Für das Wirtschaftsjahr 2013 rechnet sie über
die Betriebskosten ab und macht gegen die Mieterin eine Nachzahlung in
Höhe von rund 560,00 Euro geltend. Unstreitig ist zwischen den
Mietparteien ursprünglich kein anderer Umlageschlüssel vereinbart, die
Erbin erklärt jedoch im Rahmen der Begründung ihrer Klage, seit Beginn
des Mietverhältnisses und nunmehr seit annähernd 30 Jahren sei immer so
wie von ihr vorgenommen abgerechnet worden. Dies wiederum bestreitet die
Mieterin, die im Rechtsstreit vorträgt, im Mietvertrag sei ein anderer
Abrechnungsschlüssel vereinbart und dieser sei nicht abgeändert worden,
auch nicht durch schlüssiges Verhalten. Der BGH habe in seiner
Entscheidung vom 10.10.2007 zum Az. VIII ZR 279/06 festgestellt, dass
bei nicht ausdrücklicher Vereinbarung zur Änderung des
Abrechnungsschlüssels der Vermieter zum einen eine
Vertragsänderungsabsicht haben müsse und zum anderen besondere Umstände
hinzutreten müssten, die den Vermieter berechtigten, davon auszugehen,
dass der Mieter mit der Änderung einverstanden sei. Allein die Zahlung
in Rechnung gestellter Nebenkosten reiche hierzu nicht aus, es bedürfe
weiterer Umstände.
Die Entscheidung:
Das AG
Saarbrücken folgt der Argumentation der beklagten Mieterin und weist
die Klage ab. Es führt aus, dass lediglich die Zahlung geltend gemachter
Beträge nicht dazu führt, dass ein Abrechnungsschlüssel geändert wird.
Es sieht daher die Voraussetzungen der zitierten BGH-Entscheidung als
gegeben an.
Zur Praxis:
Gerade bei
Mehrfamilienhäusern, deren Mietverhältnisse durch Vererbung oder Verkauf
von einem Vermieter auf den anderen übergehen, kommt es zu
Nebenkostenabrechnungen, die nicht mehr mit den ursprünglichen,
vertraglichen Vereinbarungen übereinstimmen. Sind gar noch
Mietverhältnisse vereinbart, die schon vor Jahrzehnten begründet wurden,
so kommt es nicht selten vor, dass Inklusivmieten vereinbart waren.
Heutzutage werden fast immer Nettomieten zzgl. Vorauszahlungen
vertraglich geregelt. Weitere Mischformen sind denkbar wie
beispielsweise Teil-Inklusivmieten, bei denen nur Energiekosten oder nur
einige Betriebskosten in der Miete enthalten sind und über weitere
abgerechnet wird. Oftmals rechnen Vermieter dennoch nur nach einem
Maßstab ab. Wenn Erwerber oder Erbe dann diese Abrechnung fortsetzen,
kommt es zu der in der Entscheidung des AGs Saarbrücken behandelten
Thematik.
Die Entscheidung entspricht absolut herrschender Rechtsprechung, wenngleich nach hiesiger Auffassung verschiedene Sachverhalte unterschiedlich beurteilt werden müssen. Nimmt ein Mieter beispielsweise über Jahre hinweg Nebenkostenrückzahlungen an, so dürfte hierin eine Zustimmung zur Änderung des Abrechnungsschlüssels liegen und er könnte sich zumindest nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht mehr darauf berufen, dass ein anderer Schlüssel vereinbart ist, sollte es zu einem späteren Zeitpunkt zu Nachzahlungen kommen.
Welche Merkmale nach der Entscheidung des BGHs auf Mieterseite in Erscheinung treten müssen, damit von einer einvernehmlichen Vertragsänderung die Rede sein kann, ist vielfach umstritten. Ob beispielsweise das Akzeptieren eines Mieterhöhungsverlangens mit abgeänderter Struktur ausreicht, ist fraglich. Wohl nicht ausreichend ist die Mitteilung eines Vermieters, wie er zukünftig die Miete abrechnen werde, auf die ein Mieter schweigt.
RA Pitt Severin
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht