Instandsetzung von Dachterrassen

01.11.2018

BGH, Urteil vom 04.05.2018 – V ZR 163/17

Der Fall:

Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Das Wohnungseigentum des Klägers besteht aus einer im Dachgeschoss gelegenen Wohnung, zu der eine Dachterrasse gehört. In der einschlägigen Teilungserklärung heißt es wie folgt:

„§ 2
1.) Gegenstand des Sondereigentums sind
a) die in § 1 bezeichneten Räume,
b) die … innerhalb und außerhalb dieser Räume befindlichen Einrichtungen und Anlagen, soweit sie nicht dem gemeinschaftlichen Gebrauch, sondern nur einem Sondereigentum zu dienen bestimmt sind.

§ 6
Instandhaltung und Versicherung
1) a) Jeder Wohnungseigentümer hat sein Sondereigentum auf seine Kosten instandzuhalten und instandzusetzen. …
b) Einrichtungen, Anlagen und Gebäudeteile, die nach der Beschaffenheit oder dem Zweck des Bauwerks oder gemäß dieser Teilungserklärung zum ausschließlichen Gebrauch durch einen Wohnungseigentümer bestimmt sind (z. B. Balkon, Loggia) sind von ihm auf seine Kosten instandzuhalten und instandzusetzen.“

Im Bereich der an der Vorderseite der Wohnung des Klägers gelegenen Dachterrasse traten Schäden am im Gemeinschaftseigentum stehenden Bauteilen auf. In einer Eigentümerversammlung beschlossen die Wohnungseigentümer zu einem Tagesordnungspunkt die Sanierung der Terrasse des Klägers durch die Wohnungseigentümergemeinschaft. Zu einem weiteren Tagesordnungspunkt wurde beschlossen, dass der Kläger die Kosten der Sanierung zu tragen habe. Der Kläger nimmt eine Sanierung durch die Wohnungseigentümergemeinschaft hin, wehrt sich aber mittels Anfechtungsklage gegen die Auferlegung der Kosten durch den letztgenannten Beschluss. Das Amtsgericht wies die Klage ab. Auf die Berufung des Klägers hin erklärte das Landgericht den Beschluss für ungültig. Hiergegen wenden sich die beklagten übrigen Wohnungseigentümer mit der vom Landgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt.

Die Entscheidung:

Der BGH stellt die Entscheidung des Amtsgerichts wieder her. Zunächst stellt der Bundesgerichtshof fest, dass der Kläger sich nach der gesetzlichen Regelung der Kostenverteilung in § 16 Abs. 2 WEG nur an den Kosten der beschlossenen Sanierung der im Gemeinschaftseigentum stehenden konstruktiven Teile seiner Dachterrasse entsprechend seinem Miteigentumsanteil beteiligen müsste. Die Dachterrasse gehöre zwar nach § 1 und § 2 Nr. 1 der Teilungserklärung zum Sondereigentum des Klägers, dies betreffe aber nur die nichtkonstruktiven Teile der Dachterrasse. Deren konstruktiven Teile blieben nach § 5 Abs. 2 WEG ungeachtet der Zuweisung der Dachterrasse zum Sondereigentum des Klägers gemeinschaftliches Eigentum. Ihre Sanierung sei deshalb an sich Aufgabe der Wohnungseigentümer, die sich nach § 16 Abs. 2 WEG entsprechend ihren Miteigentumsanteilen an den Kosten zu beteiligen hätten.

Die alleinige Kostenplicht des Klägers ergebe sich aber auf Grund der von § 16 Abs. 2 WEG abweichenden Bestimmung in der Teilungserklärung. Eine solche Abweichung sei nach § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG zulässig und in § 6 Nr. 1 Buchstabe b der Teilungserklärung enthalten.

Der BGH legt diese Regelung, wonach Einrichtungen, Anlagen und Gebäudeteile, die nach der Beschaffenheit oder dem Zweck des Bauwerks oder gemäß der Teilungserklärung zum ausschließlichen Gebrauch durch einen Wohnungseigentümer bestimmt sind, auf dessen Kosten instandzuhalten und instandzusetzen sind, dahingehend aus, dass sie auch einzelnen Wohnungen zugeordnete Terrassen im Dach der Anlage erfasst und dass sie auch die Instandsetzung sowohl der im Sonder- als auch der im Gemeinschaftseigentum stehenden Teile solcher Terrassen betrifft. Diese Kostentragungslast treffe den Wohnungseigentümer nicht nur bei den als Anwendungsbeispielen ausdrücklich genannten Balkonen und Loggien, sondern auch bei allen anderen Einrichtungen, Anlagen und Gebäudeteilen, die nach der Beschaffenheit oder dem Zweck des Bauwerks oder gemäß der Teilungserklärung zum ausschließlichen Gebrauch durch den Wohnungseigentümer bestimmt sind. Es handele sich bei der Dachterrasse um eine Sonderausstattung der betreffenden Wohnung. Die mit dieser Sonderausstattung verbundenen Lasten wären bei einer Bauweise ohne Dachterrasse nicht angefallen. So könne ein solcher Freisitz im Dach der Anlage nur geschaffen werden, wenn die an sich geschlossene Dachfläche mit einem Einschnitt versehen und der dadurch der Witterung ausgesetzte Teil der Dachplatte durch eine diesem Zweck entsprechende, tendenziell störungsanfälligere Gestaltung der Terrassenfläche und die Auskleidung der Terrasse gegen Witterungseinflüsse geschützt werde. Die Dachterrasse stünde auch im ausschließlichen Gebrauch des betroffenen Wohnungseigentümers; andere Wohnungseigentümer seien von dem Gebrauch ausgeschlossen. Nach Auffassung des BGH ist die Regelung in § 6 Nr. 1 Buchstabe b der Teilungserklärung dann auch so zu verstehen, dass Eigentümer von Wohnungen, die mit einer Terrasse im Dach der Anlage ausgestattet sind, nicht nur für die Kosten der Sanierung der in ihrem Sondereigentum stehenden Teile der Terrassen aufkommen müssen, sondern auch für die Kosten der Sanierung der im Gemeinschaftseigentum stehenden Teile. Eine Beschränkung auf den nichtkonstruktiven Teil der Terrasse, vor allem den Terrassenbelag, ließe sich dem klaren Wortlaut der Klausel nicht entnehmen.

Schlussfolgerung:
Vielen Wohnungseigentümern dürfte nicht bewusst sein, wie weit ihre Instandhaltungsverpflichtung und Kostentragungslast auch hinsichtlich solcher Bauteile besteht, die im Gemeinschaftseigentum stehen. Auch wurden vermutlich in der Vergangenheit häufig Kosten von der Gemeinschaft übernommen, die eigentlich von Sondereigentümern hätten getragen werden müssen. Es sei jedenfalls den Erstellern von Teilungserklärungen dringend angeraten, zukünftig eindeutige und damit transparente Kostentragungsregelungen zu verwenden und die Verantwortungsbereiche von Wohnungseigentümergemeinschaften einerseits und Sondereigentümern andererseits klar abzugrenzen.


RA Dr. F. v. Rechenberg
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

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