Keine Verpflichtung des Verwalters zur Überlassung von E-Mailadressen

01.07.2018

Amtsgericht Düsseldorf, Urteil vom 17.01.2018 – 290a C 62/17, ZMR 2018, 453

Der Fall:
Die Kläger, Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft, verlangen vom Verwalter die Herausgabe einer Liste mit den E-Mail-Adressen der übrigen Wohnungseigentümer. Der Verwalter verweigert dies mit dem Hinweis auf entgegenstehenden Datenschutz.

Entscheidung:
Das Amtsgericht weist die Klage ab. Zwar stünde jedem Wohnungseigentümer ein Anspruch auf Herausgabe einer aktuellen Eigentümerliste gegen den Verwalter zu, ein Anspruch auf Herausgabe von E-Mail-Adressen bestünde allerdings nicht. Den Klägern fehle hierfür ein berechtigtes Interesse. Mit Rücksicht auf § 28 Abs. 2 Nr. 2 Bundesdatenschutzgesetz sei die Verwaltung nicht berechtigt, die ihr zur Verfügung stehenden und genutzten E-Mail-Adressen zu übermitteln.

Die betroffenen Wohnungseigentümer könnten sich auf ihr informationelles Selbstbestimmungsrecht aus Art. 1 und 2 Grundgesetz berufen. Dieses beinhalte das Selbstentscheidungsrecht einer Person, ob, wann und wie persönlich Lebenssachverhalte und Daten offen gelegt werden. Bei den E-Mail-Adressen handele es sich um geschützte persönliche Daten, die dem Schutz des Grundgesetzes unterliegen. Ein Berufen der Verwaltung auf datenschutzrechtliche Belange bzw. das Geheimhaltungsinteresse der Wohnungseigentümer sei in Bezug auf die E-Mail-Adressen auch gerechtfertigt. Zwar  möge es sein, dass heutzutage aufgrund der geänderten digitalen Kommunikationsgewohnheiten die Nutzung von E-Mail-Adressen üblich ist. Diese Vereinfachung der Kommunikation bedeute jedoch nicht, dass die E-Mail-Anschrift damit automatisch zu einem jeden zugänglichen Anschriftsbestandteil geworden ist.

Nach der Auffassung des erkennenden Gerichts ist die Nutzung von Postanschriften und elektronischen Postfächern in ihrer Art und ihrem Ausmaß sehr unterschiedlich. So habe die Vereinfachung dieser Kommunikation den negativen Effekt, dass die Hemmschwelle zur Nutzung dieser Kommunikation niedriger liegt und demzufolge E-Mails bekanntlich vielzähliger, schneller und oft unüberlegter versandt werden. Der höhere Zeit- und Arbeitsaufwand für das Verfassen und die Versendung eines Briefes per Post bedeute gleichzeitig, dass der Versender sich mit der Erforderlichkeit und der Bedeutung des Inhaltes seiner Nachricht intensiver auseinandersetzen kann. Diese Überlegungsphase sei durch die Vereinfachung der Kommunikation per E-Mail im Regelfall erheblich verkürzt. Hinzu käme, dass durch die Möglichkeit der Versendung einer Nachricht an eine Vielfallzahl an Adressaten (etwa auch in „Cc“) der Kreis der Adressaten erheblich vergrößert wird. Diese Adressaten könnten ihrerseits durch die Nutzung der Versandart „E-Mail an Alle“ die Anzahl der eingehenden E-Mail-Nachrichten für jeden einzelnen erheblich vergrößern und insgesamt eine Flut von Nachrichten erzeugen. Dies ließe sich bereits daran erkennen, dass heutzutage die auf E-Mail-Adressen eingehenden Nachrichten in ihrer Anzahl die vor der Änderung der Kommunikationsgewohnheiten per Post versandten Briefe bei Weitem übersteige. Bei allen positiven Effekten, die mit der Nutzung von E-Mail-Adressen verbunden seien, blieben die Interessen der betroffenen Wohnungseigentümer zu berücksichtigen, die eine ungefilterte Kontaktaufnahme per E-Mail gerade nicht befürworten und mit der Weitergabe ihrer E-Mail-Adresse restriktiv umgehen möchten. Dahinter stünde das Interesse der Kläger, eine Erleichterung bei der Informationsweitergabe an die übrigen Mitglieder der Gemeinschaft zu erfahren, zurück. Diesen bliebe die Möglichkeit, die Kontaktaufnahme per Brief oder aber die Möglichkeit sich selbst bei den Eigentümern um die Einwilligung zur Nutzung von E-Mail-Anschriften zu bemühen.

Praxistipp:
Auch wenn häufig davon die Rede ist, dass innerhalb von Wohnungseigentümergemeinschaften kein Datenschutz gelte, zeigt die vorgenannte Entscheidung, dass der Verwalterin angeraten werden muss, mit der Weitergabe persönlicher Informationen von Wohnungseigentümern sehr zurückhaltend umzugehen.


RA Dr. Falk v. Rechenberg
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

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