Die späte Mieterhöhung nach Modernisierung Amtsgericht Hamburg-Altona, Urteil vom 14.02.2020 – 315a C 123/19

Der Fall:  

In den Jahren 2011 und 2013 ließ die beklagte Vermieterin an dem streitgegenständlichen Wohngebäude Modernisierungsmaßnahmen durchführen, nämlich in 2011 die rückwärtige Fassade des Hauses mit einem Wärmedämmverbundsystem versehen und in 2012/2013 einen Fahrstuhl einbauen. Die jeweiligen Baumaßnahmen wurden der klagenden Mieterin durch Schreiben der Hausverwaltung angekündigt, eine Ankündigung einer Mieterhöhung aufgrund der Baumaßnahmen war in den jeweiligen Schreiben aber nicht enthalten.

Im August 2018 forderte die Beklagte die Klägerin unter Angabe der auf ihre Wohnung entfallenden Kosten der Baumaßnahmen aus den Jahren 2011 bis 2013 auf, ab dem 01.06.2019 eine erhöhte Miete zu zahlen. Die Klägerin verweigerte die Zahlung und berief sich auf eine Verwirkung des Rechts der Beklagten, eine Mieterhöhung zu verlangen.

Mit der vorliegenden Klage beantragt die Mieterin, festzustellen, dass der Vermieterin kein Anspruch auf Zahlung einer Modernisierungsumlage zusteht. Sie ist der Auffassung, die Beklagte habe das Recht auf Geltendmachung der erhöhten Miete verwirkt. Da sie zur Durchführung der Bauarbeiten eine daraus bedingte Mieterhöhung nicht angekündigt und nach Abschluss der Bauarbeiten 7 bzw. 5 Jahre dazu geschwiegen habe, habe die Klägerin darauf vertrauen dürfen, dass eine Mieterhöhung auch zukünftig nicht mehr geltend gemacht werde.

Die Entscheidung:

Das Amtsgericht weist die Klage ab.

Zur Begründung führt das Gericht aus, dass das Recht auf Erhöhung der Miete bestünde, insbesondere nicht verwirkt sei. Ein Recht verwirke dann, wenn es der Berechtigte über einen längeren Zeitraum hinweg nicht geltend macht, obwohl er dazu in der Lage wäre (Zeitmoment) und der Verpflichtete sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dass dieser sein Recht auch in Zukunft nicht geltend gemacht werde (Umstandsmoment).

Das Gericht lässt es offen, ob ein Zeitmoment bei einer Zeitspanne von 5 bzw. 7 Jahren zwischen der Beendigung der Baumaßnahmen und der geltend gemachten Modernisierungsmieterhöhung anzunehmen sei, denn in jenem Fall läge bereits nicht das zusätzlich notwendige Umstandsmoment vor.

Die Nichtgeltendmachung des Rechts und das damit einhergehende Schweigen der Beklagten vermag nach Auffassung des Gerichts das notwendige Umstandsmoment nicht zu begründen. Zwar könne dem Umstandsmoment nach nur kurzem Zeitablauf ein sehr viel stärkeres Gewicht als dem Zeitmoment zukommen, während es nach längerer Zeit gegen Null tendieren könne. Maßgebend seien jedoch stets die Umstände des Einzelfalls, also wie der Schuldner unter Einbeziehung der gesamten Umstände das Verhalten des Gläubigers verstehen durfte.

Die fehlende Angabe zum Betrag der zu erwartenden Mieterhöhung in dem Ankündigungsschreiben sei entgegen der Ansicht der Klägerin nicht geeignet, das notwendige Umstandsmoment zu begründen. Der Gesetzgeber habe das Recht des Vermieters auf Mieterhöhung gerade nicht an die ordnungsgemäße Ankündigung der Modernisierungsmaßnahmen unter Angabe des Betrags der zu erwartenden Mieterhöhung gekoppelt.

Im Ergebnis gäbe es keinerlei Anhaltspunkte für ein berechtigtes Vertrauen der Klägerin darauf, dass die Beklagte ihr Recht auf eine zukünftige Mieterhöhung aufgrund der durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen nicht mehr geltend machen werde.

Entgegen der Auffassung der Klägerin sei das Umstandsmoment auch nicht dadurch begründet, dass es der Klägerin mangels Angaben zum Betrag der zu erwartenden Mieterhöhung in der Ankündigung der Modernisierungsmaßnahmen durch die Beklagte verwehrt war, einen Härtefalleinwand geltend zu machen. Denn eine nicht ordnungsgemäße Modernisierungsankündigung setze bereits keine Ausschlussfristen für die Geltendmachung des Härtefalleinwands in Gang.

Fazit:

Auch nach längerer Zeit der Untätigkeit kann noch eine Mieterhöhung wegen Modernisierungsmaßnahmen erfolgreich durchgesetzt werden. Die fehlende Mitteilung eines Erhöhungsbetrages bei der Ankündigung der Modernisierung führt nur zur Verschiebung des Zeitpunkts, ab dem die Zahlung der erhöhten Miete geschuldet wird (§ 559b II 2 BGB). Eine Verwirkung tritt weder hierdurch noch durch ein mehrjähriges Schweigen des Vermieters ein. Das hierfür erforderliche Umstandsmoment könnte allenfalls dann bejaht werden, wenn Vermieter und Mieter in engem sozialen Kontakt miteinander stehen, der es rechtfertigt, ausnahmsweise das Umstandsmoment aus dem Schweigen des Vermieters herzuleiten.

RA Dr. F. v. Rechenberg

Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

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