Grundlegende Änderung der Rechtsprechung des BGH zu den formellen Anforderungen einer Betriebskostenabrechnung – BGH, Urteil vom 20.1.2016 zum AZ VIII ZR 93/15

Der BGH entschied dahingehend, dass die von dem Vermieter erstellten Nebenkostenabrechnungen formell in Ordnung sind, obwohl aus ihnen selbst nicht ersichtlich war, dass Gesamtkosten für die Wohnanlage auf die jeweiligen Gebäude vorab verteilt wurden.

Der Fall:

Der Vermieter ist Eigentümer einer aus mehreren Gebäuden bestehenden Wohnanlage. Er rechnete die Nebenkosten gegenüber den Mietern jeweils nach Gebäuden ab. Bei den Nebenkostenpositionen Wasser, Abwasser und Müllabfuhr besteht die Besonderheit, dass die gesamte Anlage über einen zentralen Müllplatz und zwei Heizstationen mit zentraler Warmwasseraufbereitung verfügt, die jeweils die anderen Häuser mit versorgen. Der Vermieter sah sich deshalb veranlasst, bei diesen Positionen zunächst von den Gesamtkosten für die Wohnanlage auszugehen und diese Kosten nach dem Verhältnis der Wohnfläche auf die einzelnen Gebäude zu verteilen. Dieser Rechenschritt ist allerdings aus den Nebenkostenabrechnungen, die den Mietern erteilt wurden, nicht ersichtlich. Vielmehr erschien darin nur der von dem Vermieter für das jeweilige Gebäude errechnete „Gesamtbetrag“, der dann auf die Mieter des jeweiligen Gebäudes mittels des anzuwendenden Umlageschlüssels verteilt wurde. Aus diesem Grund entsprechen die für das jeweilige Gebäude in den Nebenkostenabrechnungen ausgewiesenen „Gesamtkosten“ nicht den Beträgen, die aus den Gebührenbescheiden der Gemeinde und den jeweiligen Rechnungen der Stadtwerke ersichtlich sind.

Die Entscheidung:

Der BGH entschied dahingehend, dass die von dem Vermieter erstellten Nebenkostenabrechnungen formell in Ordnung sind, obwohl aus ihnen selbst nicht ersichtlich war, dass Gesamtkosten für die Wohnanlage auf die jeweiligen Gebäude vorab verteilt wurden. Es genügte hier die Angabe des Gesamtbetrages, den der Vermieter auf die Wohnungsmieter der gewählten Abrechnungseinheit umlegte. Wie der Vermieter diesen Gesamtbetrag ermittelte, musste in den Abrechnungen für die Mieter nicht mitgeteilt bzw. offengelegt werden.

Ergänzende Hinweise zu dieser Entscheidung:

Mit dieser bahnbrechenden Entscheidung hat der Bundesgerichtshof seine dazu bislang vorliegende Rechtsprechung aufgegeben. Diese bestand darin, dass bislang der Vermieter für verpflichtet gehalten wurde, Abzüge von Gesamtkosten in der Nebenkostenabrechnung selbst offenzulegen und zu erläutern. Tat der Vermieter das nicht, war seine Abrechnung formell unwirksam mit der Folge, dass ein darauf beruhender Saldo aus der Abrechnung nicht zur Zahlung fällig wurde. Einen solchen Fehler konnte der Vermieter dann auch nur noch innerhalb der gesetzlichen Abrechnungsfrist (§ 556 Abs. 3 Satz 2 BGB) korrigieren. Nach der gesetzlichen Regelung ist die Abrechnung dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des 12. Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen.

Die jetzt geänderte Rechtsprechung des BGH ist über den konkreten Fall hinaus auf alle Fallkonstellationen anzuwenden, bei denen der Vermieter Abzüge von Gesamtkosten in der Nebenkostenabrechnung selbst nicht offenlegt.

Beispiel:

Es besteht eine Wohnanlage mit einer Tiefgarage. Nur ein Teil der Mieter hat einen Tiefgaragenstellplatz gemietet. Bei denjenigen Mietern, die keinen Tiefgaragenstellplatz mitgemietet haben, nimmt der Vermieter bei der Grundsteuer einen auf die Tiefgarage entfallenden Abzug vor. Der so verminderte Grundsteuerbetrag wird angesetzt bei den Nebenkostenabrechnungen derjenigen Mieter, die keinen Tiefgaragenstellplatz gemietet haben. Der Abzug wird aber in den Nebenkostenabrechnungen nicht offengelegt. Trotzdem ist nach der jetzt vorliegenden Rechtsprechung des BGH die Abrechnung des Vermieters formell ordnungsgemäß.

Weiteres Beispiel:

Die jährlichen Hausmeisterkosten belaufen sich bei einem Mehrfamilienhaus auf jährlich 3.000,00 €. In einem kleineren Umfange ist der Hausmeister auch beschäftigt mit der Ausführung kleiner Reparaturen. Die hierauf entfallenden Kosten sind nicht umlagefähig. Der Vermieter ermäßigt daher die Hausmeisterkosten auf 2.500,00 € jährlich und legt diesen Betrag seiner Abrechnung zugrunde, ohne Offenlegung des Abzuges. Auch hier ist jetzt nach dem Schwenk in der Rechtsprechung des BGH gleichwohl die Abrechnung formell ordnungsgemäß.

RA Walter Junker
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Hamburg


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