Kein Anspruch des Mieters auf Hundehaltung in einem städtischen Mehrfamilienhaus nach Abwägung der Interessen der Mietvertragsparteien sowie anderer Hausbewohner und Nachbarn – Urteil des Amtsgerichtes Hamburg-St. Georg vom 15.02.2017 zum Az. 915 C 245/

Der Mieter mietete mit Mietvertrag vom 01.02.2012 von dem Vermieter eine ca. 105 qm große Fünf-Zimmer-Wohnung im 4. Obergeschoss eines unmittelbar vor Mietbeginn neu errichteten Mehrfamilienhauses.

Die Wohnanlage umfasst 24 Wohnungen, in denen unter anderem auch Familien mit kleinen Kindern leben.

Der Mieter möchte einen Hund der Rasse Magyar Viszla in der Wohnung halten.

In dem zugrundeliegenden Formularmietvertrag ist vereinbart:

„Tierhaltungsverbot

Tiere dürfen nicht gehalten werden mit Ausnahme von Kleintieren wie z. B. Zierfische, Wellensittiche, Hamster. Dies gilt auch für die zeitweilige Verwahrung von Tieren. Sofern die Parteien etwas anderes wollen, bedarf es einer Vereinbarung“.

Der Vermieter lehnte die Zustimmung zu der begehrten Hundehaltung ab. Der klagende Mieter behauptet, die Anschaffung eines Hundes sei zur Abwehr von Einbrechern und aus therapeutischen Gründen erforderlich. Ein Kind des Mieters habe wegen vorgenommener Einbruchsversuche Angststörungen und sei deshalb in kinderpsychiatrischer Behandlung.

Die Entscheidung:

Das Amtsgericht wies die Klage des Mieters gegen den Vermieter auf Gestattung der Hundehaltung ab. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BGH (BGH NJW 2013, 1526) sei das formularvertragliche Verbot einer Hunde- und Katzenhaltung unwirksam. Die entsprechende Klausel benachteilige den Mieter unangemessen.

Mangels einer wirksamen vertraglichen Regelung hänge die Frage, ob die Haltung von Haustieren zum vertragsgemäßen Gebrauch gehört, von einer umfassenden Abwägung der im Einzelfall konkret betroffenen Belange und Interessen der Vertragsparteien sowie der anderen Hausbewohner und Nachbarn ab.

Interessen des Mieters:

Zwar berücksichtigte das Gericht grundsätzlich, dass ein berechtigtes Interesse des Mieters besteht, sich, Familienangehörige und die Wohnung vor Einbruch zu schützen. Das Interesse des Mieters sei jedoch mit der Einschränkung zu berücksichtigen, dass er im Rechtsstreit nicht vorgetragen habe, aus welchen Gründen im Vergleich zu anderen Schutzmaßnahmen gerade die Anschaffung des begehrten Hundes erforderlich ist. Der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Mieter habe weder vorgetragen, dass ein Hund gegenüber anderen Maßnahmen besonders günstig noch dass er besonders wirkungsvoll sei.

Zu den behaupteten Angststörungen eines Kindes des Mieters legte dieser im gerichtlichen Verfahren ein Attest vor. Nach diesem Attest war ein handlungsorientierter Ansatz für die Überwindung der Ängste bereits gefunden worden. Außerdem ergab sich aus dem Attest nur die Formulierung, man würde das Halten eines Hundes für hilfreich halten. Auch hier habe der Mieter nicht vorgetragen, wieso ausgerechnet die Anschaffung eines Hundes im Vergleich zu anderen Einbruchssicherungsmaßnahmen besonders gut helfen soll.

Interessen des Vermieters:

Auf Seiten des Vermieters berücksichtigte das Gericht, dass dieser nicht nur seine eigenen Interessen, sondern auch die der anderen Mietparteien im Hause vertritt. Entscheidend sei nach Auffassung des Gerichts, dass der Vermieter durch die – wenn auch unwirksame – Klausel im Mietvertrag und ihre Handhabung gegenüber anderen Mietern eine Entscheidung gegen Hunde im Allgemeinen getroffen habe. Demgemäß hatte der Vermieter auch bisher in keinem anderen weiteren Fall das Halten eines Hundes gestattet. Die anderen Mietparteien im Hause hatten vor diesem Hintergrund nach Auffassung des Gerichts einen bewusste Entscheidung dahingehend getroffen, in einem Haus ohne Hunde zu wohnen. Unter dem Gesichtspunkt der freien Entfaltung der Persönlichkeit sowie der körperlichen Unversehrtheit müsse es diesen Mietern möglich sein, ohne Hunde in ihrer unmittelbaren Umgebung zu leben. Es gäbe zahlreiche Gründe, aus denen ein Mieter eine entsprechende Umgebung vorzieht, etwa Angst vor Hunden oder eine Allergie. Insbesondere Menschen mit kleinen Kindern können Angst vor einer Begegnung eines nicht ganz kleinen Hundes mit ihrem Kind hegen. Entsprechende Begegnungen sind in einem Mehrfamilienhaus mit Fahrstuhl nicht zu vermeiden.

Ergänzende Hinweise zu dieser Entscheidung:

Vom grundsätzlichen Ansatz her bewegt sich das Urteil des Amtsgerichtes innerhalb der herrschenden Bahnen. Fehlt es an einer (wirksamen) vertraglichen Regelung, muss die Entscheidung zu einer Tierhaltung im konkreten Einzelfall unter Abwägung der Interessen aller erfolgen.

Interessant ist an dem Urteil des Amtsgerichtes, dass es die Interessen der anderen Mietparteien im Hause dahingehend betont, dass diese sich augenscheinlich bewusst für das Wohnen in einem Mehrfamilienhaus ohne Hundehaltung entschieden haben. Dieses Interesse kann auch der Vermieter geltend machen.


Hamburg, den 02.05.2017   

Rechtsanwalt Junker
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Hamburg

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