Wie wird über die Verwalterwahl abgestimmt? Werden mehrere Bewerber um das Amt des Verwalters zur Wahl gestellt, muss über jeden Kandidaten abgestimmt werden, sofern nicht ein Bewerber die absolute Mehrheit erreicht und die Wohnungseigentümer nur eine Ja-Stimme abgeben können.

BGH, Urteil vom 18.01.2019 – V ZR 324/17, ZMR 2019, 776

Sachverhalt:

Nach der zugrunde liegenden Teilungserklärung bestimmt sich das Stimmrecht nach den Miteigentumsanteilen. Stimmenthaltungen gelten als nicht abgegebene Stimmen; sie werden ebenso wie Stimmen nicht anwesender oder nicht vertretener Wohnungseigentümer bei Feststellung der Stimmenmehrheit nicht mitgerechnet.

In einer Eigentümerversammlung im Jahre 2016 war Gegenstand der Tagesordnung die Bestellung eines Verwalters für drei Jahre. Neben der bisherigen Verwalterin (Beschlussvorschlag 1) gab es drei weiterer Bewerber um das Amt (Beschlussvorschläge 2 – 4). In der Versammlung waren insgesamt 935,35/1.000 Miteigentumsanteile anwesend und vertreten. Bei der Abstimmung über den Beschlussvorschlag 1 entfielen auf die Ja-Stimmen 463,40/1.000 Miteigentumsanteile. Auf die Nein-Stimmen 382,25/1.000 Miteigentumsanteile sowie 89,70/1000 Miteigentumsanteile auf Enthaltungen. Der Versammlungsleiter stellte daraufhin fest, dass die bisherige Verwalterin wiedergewählt sei und es daher keiner weiteren Abstimmungen bedürfe.

Die Entscheidung:

Der Bundesgerichtshof stellt fest, dass der Beschluss über die Verwalterbestellung nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist. Nach Auffassung des BGH war es fehlerhaft, die Abstimmung nach dem ersten Wahlgang zu brechen.

Zur Begründung weist der BGH zunächst darauf hin, dass nach § 26 Abs. 1 S. 1 WEG die Wohnungseigentümer über die Bestellung und Abberufung des Verwalters mit Stimmenmehrheit beschließen, die sich im vorliegenden Fall nach Miteigentumsanteilen bestimmt. Ob die danach Erforderliche Mehrheit erreicht worden sei, müsse in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt werden. Die Festlegung der Verfahrensweise bei Abstimmungen obliege, sofern durch die Gemeinschaftsordnung oder durch einfachen Geschäftsordnungsbeschluss der Wohnungseigentümer keine Festlegung erfolgt sei, dem Versammlungsleiter. Dieser könne nach pflichtgemäßem Ermessen den Abstimmungsmodus, insbesondere die Reihgenfolge der Abstimmungsfragen, festlegen. Innerhalb dieses Ermessens könne er auch darüber bestimmen, welches Wahlverfahren durchgeführt werden soll, wenn es mehrere Bewerber um ein Amt gibt. In Betracht käme insoweit etwa, dass jeder Wohnungseigentümer bei einer nacheinander erfolgenden Abstimmung über die einzelnen Bewerber insgesamt nur eine Ja-Stimme vergeben kann. Möglich sei allerdings auch, dass die Wohnungseigentümer von ihrem Stimmrecht in jedem Wahlgang unabhängig von ihrem vorangegangenen Stimmverhalten Gebrauch machen können.

Wenn den Wohnungseigentümer je Wahlgang ein Stimmrecht zugestanden wird, dass unabhängig von ihrem vorangegangenen Stimmverhalten ausgeübt werden kann, können auch die nachfolgenden Kandidaten in den einzelnen Wahlgängen mehr Ja- als Nein-Stimmen auf sich vereinigen. Bei einem solchen Verfahren ist der Willensbildungsprozess der Wohnungseigentümer bei der Auswahl der Bewerber um das Amt des Verwalters nach dem ersten Wahlgang auch nicht abgeschlossen, weil die Stimmrechtsauübung bei dem weiteren Fortgang des Wahlverfahrens Auswirkungen auf das Endergebnis haben kann. Dies macht es erforderlich, ausnahmslos über alle zur Wahl stehenden Bewerber abzustimmen.

Wird hingegen ein Wahlverfahren festgelegt, bei dem jedem Wohnungseigentümer nur eine Ja-Stimme zur Verfügung steht, müssen grundsätzlich ebenfalls alle Bewerber zur Abstimmung gestellt werden. Zwar können diejenigen Wohnungseigentümer, die dem ersten Bewerber ihre Ja-Stimme gegeben haben, nicht nochmals für einen Bewerber stimmen. Den Wohnungseigentümern, die demgegenüber entweder mit „nein“ gestimmt oder sich enthalten haben, verbleibt aber noch die Möglichkeit, ihre Ja-Stimme für einen anderen Bewerber abzugeben. Dies erfordert die Durchführung der Abstimmung auch über die anderen Bewerber. Etwas anderes gilt nur dann, wenn ein Bewerber in einem Wahlgang bereits die absolute Mehrheit erzielt hat und weitere Wahlgänge folglich keine Auswirkung auf das Ergebnis haben können.

Hinweis für die Praxis:

Der Versammlungsleiter ist angehalten, eine Beschlussfassung über die Verwalterbestellung sorgfältig vorzubereiten und die Modalitäten des Wahlverfahrens klar zu bestimmen. Sofern nicht jedem Wohnungseigentümer nur eine Ja-Stimme zur Verfügung gestellt wird und nicht ein Bewerber in einem Wahlgang bereits die absolute Mehrheit erzielt, ist stets über alle zur Wahl stehenden Bewerber abzustimmen und in mehreren Wahlgängen der zu bestellende Verwalter zu ermitteln.

RA Dr. F. v. Rechenberg
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

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