Unwirksamkeit einer Vereinbarung über die Ausführung von Schönheitsreparaturen durch den Mieter einer Wohnung – Urteil des Amtsgerichtes Hamburg-Barmbek vom 16.11.2016 zum Az. 818 C 108/16

Einem Wohnraummietvertrag lag zugrunde der „Hamburger Mietvertrag für Wohnraum“, herausgegeben vom Grundeigentümer-Verband Hamburg, Ausgabe Oktober 2013. Das benutzte Mietvertragsformular sieht unter § 16 (Benutzung der Mieträume) unter anderem vor:


„Der Mieter hat die gemieteten Räume sowie die zur gemeinschaftlichen Benutzung bestimmten Räume, Einrichtungen und Anlagen schonend und pfleglich zu behandeln und ordnungsgemäß zu reinigen; dazu gehört auch das regelmäßige Putzen der Fensterscheiben einschließlich der Rahmen. …“

Zu den Schönheitsreparaturen weist der Formularvertrag unter § 17 Ziff. 2 u. a. folgende Regelung aus:

„Der Mieter ist während der Mietzeit verpflichtet, die laufenden Schönheitsreparaturen innerhalb der Wohnung auszuführen, soweit diese durch den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache seit Beginn erforderlich werden. Zu den Schönheitsreparaturen gehören: … Die Arbeiten sind handwerksgerecht auszuführen. Demgemäß sind die Mieträume zum Ende des Mietverhältnisses in dem Zustand zurückzugeben, der bestehen würde, wenn der Mieter die erforderlichen Schönheitsreparaturen durchgeführt hätte. …“

Es gab dann noch in dem Mietvertrag eine vermieterseits vorgegebene (nicht individuell ausgehandelte) zusätzliche Vereinbarung, die nicht Bestandteil des Hamburger Mietvertrages für Wohnraum ist. Diese Zusatzvereinbarung war erfasst unter einem § 36 und lautete wie folgt:

㤠36
In Ergänzung zu § 16 wird vereinbart:

Bei Beendigung des Mietverhältnisses, spätestens bei seinem Auszug, hat der Mieter die Mieträume in einwandfreiem Zustand mit allen, auch von den von ihm selbst beschafften Schlüsseln, zurückzugeben. … Einwandfrei im Sinne dieses Paragraphen ist die Mietsache, wenn der Mieter sie in dem Zustand übergibt, wie er sie vom Vermieter übernommen hat. Die Verpflichtung des Mieters aus § 17 des Mietvertrages bleibt davon unberührt.“

Zu entscheiden war in diesem Fall, ob sich diese Zusatzvereinbarung unter § 36 auch auf Schönheitsreparaturen bezieht. Denn in diesem Falle würde es sich um eine nach der Rechtsprechung des BGH unzulässige Endrenovierungsklausel handeln, da der Mieter auch am Ende der Mietzeit zur Ausführung weiterer Schönheitsreparaturen verpflichtet sein könnte, auch wenn er seiner laufenden Verpflichtung zur Ausführung von Schönheitsreparaturen nachgekommen ist. Der Vermieter argumentierte in der Weise, dass die Zusatzvereinbarung unter § 36 („in Ergänzung zu § 16 wird vereinbart“) eben nur auf den § 16, nicht auf den § 17 des Mietvertrages bezieht, in dem es um die Ausführungen von Schönheitsreparaturen geht. Soweit es in der Zusatzvereinbarung heißt, dass die Verpflichtung des Mieters aus § 17 des Mietvertrages davon unberührt bleibt, sollte – so das Argument des Vermieters – nur klargestellt werden, dass im Übrigen eben jene Verpflichtungen zur Ausführung der laufenden Schönheitsreparaturen unberührt bleiben.

Die Entscheidung:

In der mündlichen Verhandlung gab das Amtsgericht Hamburg-Barmbek zu verstehen, dass die Auslegung des Mietvertrages durch den Vermieter möglich ist. Mehr Gesichtspunkte würden aber für die Auffassung des Mieters sprechen, dass sich die Zusatzvereinbarung unter § 36 auch auf Schönheitsreparaturen bezieht. Das Amtsgericht kam zu dem Ergebnis, dass die Regelung des § 36 des Vertrages dem Mieter unangemessen benachteiligt, damit waren nach Auffassung des Gerichts alle Vereinbarungen zu den Schönheitsreparaturen unwirksam mit der Folge, dass die gesetzliche Regelung, der zufolge der Vermieter verpflichtet ist, die Schönheitsreparaturen innerhalb der Mieträume auszuführen gilt. In den Entscheidungsgründen seines Urteils führt das Amtsgericht wörtlich das Folgende aus:

„Die Regelung des § 36 des Vertrages benachteiligt den Kläger unangemessen. Denn er enthält eine Verpflichtung des Klägers zur Renovierung am Ende der Mietzeit für die Fälle, in denen sich die Wohnung am Ende des Mietverhältnisses in einem schlechteren Zustand befindet als zu Beginn des Mietverhältnisses. Denn nach dem Inhalt dieser Vorschrift hat der Kläger die Wohnung in dem Zustand zu übergeben, indem er sie vom Vermieter übernommen hat. Dadurch wird der Kläger selbst in den Fällen zu einer Renovierung am Ende des Mietverhältnisses verpflichtet, in denen die üblichen Renovierungsintervalle noch nicht abgelaufen sind, die Wohnung sich aber in einem schlechteren Zustand befindet als zu Beginn des Mietverhältnisses.
Diese Regelung soll auch Schönheitsreparaturen betreffen. Das ergibt ihre Auslegung aus dem objektiven Empfängerhorizont. Eine Einschränkung ergibt sich schon aus dem Wortlaut dieser Regelung nicht. Dass die in dieser Regelung enthaltene Maßgabe, dass die Wohnung sich bei Übergabe in dem Zustand befinden müsse, in dem der Mieter sie vom Vermieter übernommen hat nicht für Schönheitsrenovierungen gelten soll, ergibt sich weder aus dem Wortlaut, noch aus dem Sinn der Vorschrift. Der Renovierungsstand ist geradezu prägend für den „Zustand“ einer Wohnung. Die von der Beklagten reklamierte Einschränkung ergibt sich auch nicht aus dem letzten Satz des Paragrafen, nachdem die Verpflichtung des Mieters aus § 17 des Mietvertrages unberührt bleibe. Durch eine solche Formulierung soll regelmäßig gerade zum Ausdruck gebracht werden, dass beide angesprochene Regelungen gelten sollen, nicht jedoch, dass die als unberührt angesprochene Regelung die andere verdrängt.
Auch der Umstand, dass die Regelung unter der Überschrift „In Ergänzung zu § 16 wird vereinbart“ erfolgt, ergibt nichts anderes. § 16 regelt die Benutzung der Mieträume. Wenn die in § 36 getroffene Vereinbarung sich insoweit als Ergänzung zu dieser Regelung versteht, dann ist damit lediglich gemeint, dass in § 16 die Pflichten des Mieters während des Mietverhältnisses angesprochen werden, während in § 36 es um die Pflichten am Endpunkt der vertraglichen Beziehungen der Parteien handelt. Jedenfalls wird durch diese Überschrift nicht hinreichend bestimmt zum Ausdruck gebracht, dass die Verpflichtung, die Mietsache am Ende des Mietverhältnisses in dem Zustand zurückzugeben, der bei Übergabe bestanden hat nicht mit der für Allgemeine Geschäftsbedingungen zu fordernden Eindeutigkeit zum Ausdruck gebracht. Damit wäre jedenfalls eine Verletzung des Bestimmtheitsgebotes gegeben.

Die Unwirksamkeit einer Endrenovierungsklausel erfasst wegen der gegebenen Summierungseffektes regelmäßig auch die Regelung über die laufenden Schönheitsreparaturen; dies ist allgemein anerkannt.“

Ergänzende Hinweise zu dieser Entscheidung:

Der geschilderte Fall bestätigt zunächst, dass es sehr auf die konkreten Umstände des Einzelfalles ankommt, aus denen erst abgeleitet werden kann, ob (formularmäßig) Vereinbarungen zur Abwälzung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter wirksam oder unwirksam sind. Zu vielen Fallkonstellationen liegen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes vor. In der Praxis kommen aber immer wieder Konstellationen vor, wie der vorliegende Fall, die allein mit den Entscheidungen des Bundesgerichtshofes nicht zu lösen sind.

Der „Hamburger Mietvertrag für Wohnraum“, herausgegeben vom Grundeigentümerverband Hamburg, wird laufend überarbeitet und auch die Klauseln zu Schönheitsreparaturen werden immer wieder der Rechtsprechung angepasst. Ohne Zusätze können die Verwender des Vertragsmusters, also regelmäßig die Vermieter, im Allgemeinen davon ausgehen, dass die im Formularmietvertrag vorgegebenen Klauseln wirksam sind. Deswegen ist deutlich zu empfehlen, dass sowohl beim Thema Schönheitsreparaturen als auch ansonsten Vermieter besser davon absehen sollten, noch zusätzliche Vereinbarungen hinzuzufügen. Wie der vorliegende Fall zeigt, kann sich der Vermieter dadurch eher Probleme einhandeln als dass die Zusatzvereinbarungen ihn in der Sache weiter bringen.

Hamburg, den 09.01.2017   

Rechtsanwalt Junker
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht,
Fachanwalt für Verwaltungsrecht

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